Der Ball ist Rund und ein Spiel dauert 90 Minuten.
Ein Strafstoß wird aus 11 Metern Entfernung geschossen und jedes Team braucht einen Kapitän.
Diese und viele weitere Vorschriften der bekanntesten Sportart der Welt sind heute auf über 200 Seiten in den Fifa-Regeln des International Football Association Board festgehalten und werden kontinuierlich weiterentwickelt. Doch woher stammen diese Bestimmungen eigentlich?
Konrad Koch war ein Lehrer für Latein, Griechisch, Deutsch und Geschichte an einem Braunschweiger Gymnasium, dem Martino-Katharineum (MK) und organisierte im Oktober 1874 das erste Fußballspiel in Deutschland. Damals noch mit einem ovalen Ball aus England und einem »Spielkaiser«, der sowohl als Kapitän seiner 15-köpfigen Mannschaft, als auch als Schiedsrichter fungierte. Weiterhin war es erlaubt, den Ball auch mit den Händen aufzunehmen und zu spielen.
Konrad Koch ahnte damals wohl nicht, zu welcher Beliebtheit diese neue »Leibesübung« einmal werden würde. Vielmehr etablierte er sie mit einem befreundeten Turnlehrer, August Herrmann, als Ergänzung zum herkömmlichen Turnen für die Schüler des Jungengymnasiums. Koch befürwortete die Bewegung an der frischen Luft und wollte sowohl die Leistungsfähigkeit als auch die sozialen Fähigkeiten seiner Schüler fördern.
Neben einer Art Handball (Raffball) und Cricket etablierte sich Fußball schnell zur beliebtesten Sportart der Schüler. 1875 wurde der erste deutsche Fußballverein gegründet und Konrad Koch verfasste auf wenigen Seiten die ersten, am Rugby orientierten Fußballregeln.
Im Regelwerk fanden sich auch Gesundheitsregeln, die eingehalten werden mussten, denn so ganz traute man diesem noch unbekannten Sport nicht zu, ausschließlich förderlich auf die Spieler zu wirken:
• Schwächliche und kränkliche Schüler werden nur mit ärztlicher Erlaubnis zugelassen.
• Es wird nie ohne Aufsicht eines Lehrers gespielt.
• Bei unsicherem Wetter wird nur von Freiwilligen gespielt.
• Es wird bei der Einrichtung des Spielplatzes dafür Sorge getragen, dass kein Schüler gegen den Ostwind anzulaufen hat.
• Auf dem Platze darf niemand sich hinlegen oder müßig stehen.
• Kein Schüler darf ohne Erlaubnis den Rock ablegen; diese Erlaubnis wird nur denen erteilt, die ein wollenes Hemd tragen.
Da es in Deutschland damals wie heute oft regnete und sowohl Ball als auch Spieler stets schnell schmutzig waren, wurde die Regel eingeführt, den Ball ausschließlich mit den Füßen spielen zu dürfen. Diese Variante wurde unter »Fußball ohne Aufnehmen« bekannt und galt zunächst nur für schlechtes Wetter. 1882 nahm Konrad Koch sie schließlich als verbindliche Form in das Regelwerk auf. Heute gibt es in Deutschland fast 25.000 Fußballvereine, darunter mehr als 5800 Frauen-Teams, die die Sportart weiblicher machen. Weiterhin überwachen inzwischen zahlreiche Schiedsrichter und Schiedsrichterinnen die Einhaltung der Fußballregeln.
Fußball war und ist ansteckend:
Die MK-(Mannschafts-) Schulspiele fanden Aufnahme in den offiziellen Lehrplan des Martino-Katharineums, so dass das Fußballspielen eine ausgezeichnete Basis hatte und sich so weiter verbreiten konnte.
1888 spielten MK-Schüler gegen Teams aus Göttingen und Hannover. 1894 wurde es mit Spielen gegen Mannschaften aus Großbritannien und den Niederlanden schon international, sodass Koch sich die Bemerkung erlaubte: »Die Frage, ob Fußball in Deutschland eingeführt werden soll oder nicht, bedarf keiner Erörterung mehr, sie ist durch die Macht der Tatsachen entschieden.« Die damalige Akzeptanz dieser neuen Mannschaftssportart hier in Braunschweig konnte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Konrad Koch und seinen Freunden einige erhebliche Widerstände entgegenstanden. Nicht zuletzt, weil sie ursprünglich ein englischer Import war. Konrad Koch hat eine ganze Reihe sporttheoretischer Veröffentlichungen publiziert und darin beständig die Vorteile des Fußballspiels herausgestellt. Der Titel seines wichtigsten Werks lautet »Die Erziehung zum Mute durch Turnen, Spiel und Sport. Die geistige Seite der Leibesübungen« (1900).
Noch heute haben die Schülerinnen und Schüler der 5. und 6. Klassen des Martino-Katharineums jedes Jahr im Sommer die Möglichkeit, am Konrad Koch-Straßenfußball-Turnier teilzunehmen, so dass die Erinnerung an den Braunschweiger Fußball-Pionier lebendig gehalten wird. Auch hier wird natürlich darauf geachtet, Maße und Standards der Fußballwelt genauestens einzuhalten.
Dank der Erarbeitung von Regeln des Fußballspiels durch einen Braunschweiger Lehrer kann die PTB daher auch Sportplätze zum genauesten Ort der Welt machen.
Mit dieser Randnotiz der Braunschweiger Geschichte wünschen wir Ihnen und uns eine spannende, unterhaltsame und faire Fußball Weltmeisterschaft 2018!