Die Biogasbranche in Lateinamerika und der Karibik hat in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte gemacht. In Brasilien stellt das Nationale Institut für Metrologie, Qualität und Technologie (INMETRO) der brasilianischen Industrie Mess- und Kalibrierkapazitäten für diesen Brennstoff zur Verfügung. Diese sind für die Nutzung von und den Handel mit Biogas unerlässlich. Die neuen Kapazitäten sind wesentliche Ergebnisse des von 2016 bis 2022 durchgeführten Projekts, das von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) im Rahmen der Internationalen Zusammenarbeit implementiert wurde.
In den letzten Jahrzehnten hat das Interesse an Biogas aufgrund steigender Energiekosten und zunehmender Nachfrage sowie wachsender Besorgnis über die Umweltauswirkungen fossiler Brennstoffe erheblich zugenommen. Biogas ist ein Brennstoff, der sich durch den biologischen Abbau von organischen Stoffen durch Mikroorganismen unter Ausschluss von Sauerstoff bildet. In vielen Fällen entsteht Biogas durch die Behandlung von organischen Stoffen tierischen oder pflanzlichen Ursprungs, wobei Abfälle verarbeitet und gleichzeitig ein Gas mit Energiewert gewonnen wird. Die Bestandteile sind ein Gemisch verschiedener Gase, darunter Methan, Kohlendioxid, Wasserstoff, Stickstoff und Sauerstoff.
„Wir stellten fest, dass es in unserem Land niemanden gab, der die Bestandteile verlässlich messen konnte. Deshalb begannen wir, an ihrer Charakterisierung und Quantifizierung zu arbeiten“, sagte Andreia de Lima Fioravante, Forscherin am brasilianischen Institut für Metrologie, Qualität und Technologie (INMETRO), bei der Vorstellung der Ergebnisse ihres Teams zu diesem Thema auf der Regionalen Tagung „Qualitätsinfrastruktur für Biodiversität und Klimaschutz in Lateinamerika und der Karibik“.
Gemeinsam mit den Metrologieinstituten Argentiniens (INTI), Boliviens (IBMETRO) und Mexikos (CENAM) ist es ihnen gelungen, fünf messtechnisch rückverfolgbare Messungen der wichtigsten Bestandteile von Biogas zu entwickeln. Unter Rückverfolgbarkeit versteht man die Möglichkeit, die Ergebnisse einer einzelnen Messung mit nationalen oder internationalen Referenzstandards in Verbindung zu bringen. Solche Messungen sowie die Verwendung von Referenzmaterialien sind unerlässlich, um in den lateinamerikanischen Ländern einen fairen Handel von Biogas auf der Grundlage seines Energiewerts zu gewährleisten. Um Analysemethoden zu entwickeln und zu validieren und sie dann an die Industrie weiterzugeben, wurden Fachleute von INMETRO, IBMETRO, CENAM und INTI geschult. Im Rahmen eines von der PTB durchgeführten Projekts haben die genannten Institutionen auf diese Weise ihre Fähigkeiten und das Dienstleistungsangebot erweitert.
„Im Jahr 2020 begannen wir, Anfragen aus der Industrie nach Referenzmaterialien für Biogas zu erhalten, aber wir waren aufgrund der hohen Kosten nicht in der Lage zu reagieren. Dank der Arbeit von INMETRO sind wir nun in der Lage, sie zu unterstützen“, sagt Caio Felipe Roncolatto von White Martins.
INMETRO hat verschiedene Chargen zertifizierter Referenzmaterialien mit Rückverfolgbarkeit auf das nationale Metrologieinstitut der Niederlande (VSL) und die für die Messung der wichtigsten Biogasbestandteile erforderlichen Analysemethoden entwickelt. Die Fortschritte wurden mit den anderen Metrologieinstituten der an diesem Projekt beteiligten Länder geteilt.
Diese Materialien sind von grundlegender Bedeutung für die Validierung und Qualitätskontrolle von Test- und Prüfverfahren. Sie stellen die Referenz für einen oder mehrere Werte dar, die unter anderem für die Überprüfung der Genauigkeit der Ergebnisse, die Validierung von Analysemethoden, die Kalibrierung oder Kontrolle von Arbeitsstandards und Messgeräten oder die Überprüfung der technischen Kompetenz eines Laboratoriums dienen.
Als Ergebnis dieses Projekts verfügt die Region Lateinamerika nun über die Möglichkeit, den verschiedenen Akteuren der gesamten Biogas-Wertschöpfungskette qualitätsgesicherte Messungen für Biogaskomponenten anzubieten.
Bild © istock