Am 6. Dezember letzten Jahres verstarb unser Kollege Alex Inklaar überraschend in Berlin.
Mit Alex verlieren wir einen der wichtigsten Experten zur Förderung des Normenwesens in der Entwicklungszusammenarbeit. Dieser Nachruf ist auch eine Form, den enormen Verlust im Kreis der Kollegen und Kolleginnen zu verarbeiten. Es ist ein Versuch, an Alex als Mensch und Experten zu erinnern.
Alex war als Quereinsteiger nach dem Studium der Sprachwissenschaften zu unserem Thema gekommen. Die Basis für seinen fachlichen Schwerpunkt legte seine Tätigkeit als Assistent am Lehrstuhl für Normen von Prof. Wilfried Hesser an der Universität der Bundeswehr (heute – Helmut-Schmidt Universität) in Hamburg. Im Rahmen dieser Tätigkeit entwickelte er sein Interesse für die Welt der Normen, die traditionell Personen mit einem technisch-naturwissenschaftlichen Hintergrund vorbehalten ist. Er brachte damit eine neue Sichtweise und Herangehensweise in ein Fachgebiet, dessen große Bedeutung sich für die meisten Menschen nicht auf den ersten Blick erschließt.
Seine Fähigkeit, die Bedeutung des Normenwesens Außenstehenden verständlich, anschaulich zu vermitteln, stellte Alex bereits bei seiner Tätigkeit an der Universität unter Beweis. Dabei kam ihm sein außerordentliches Sprachtalent zu Gute. Alex, der gebürtige Niederländer, sprach – neben seiner Muttersprache – Deutsch und Englisch mit enormem Ausdrucksreichtum und Präzision. Seine Arbeit war ein hervorragendes Beispiel für die große Bedeutung der Sprache für eine erfolgreiche Kommunikation und Zusammenarbeit.
Diese Eigenschaften qualifizierten Alex für seine Tätigkeit als selbstständiger Berater im Auftrag der Internationalen Zusammenarbeit der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB). Hier stellte er sich über die Jahre immer wieder der Herausforderung, aktuelles Wissen und internationale Vorgaben zum Normenwesen an die sehr unterschiedlichen nationalen Realitäten der Länder der Entwicklungszusammenarbeit anzupassen. Häufig arbeitete er in Ländern, in denen gesetzlich-regulatorische Ansätze dominieren, es kaum Erfahrung in der Zusammenarbeit zwischen staatlichen und privaten Akteuren gibt oder das Bewusstsein für die Bedeutung der internationalen guten Praxis im Normenwesen sehr gering ist.
Alex verfügte über eine besondere menschliche und kulturelle Sensibilität und ging auf die lokalen Besonderheiten flexibel ein. Statt der Gefahr zu erliegen, in allen Ländern die gleichen Konzepte zu verfolgen, ging er auf die konkrete Problemstellung der Partnerorganisationen ein und probierte immer wieder Neues aus, um die Entwicklung des Normenwesens voranzubringen. Dabei hatte er hohe Qualitätsanforderungen an seine Arbeit. Er verstand Normen als integralen Bestandteil der Qualitätsinfrastruktur und hatte den Anspruch, sowohl die internationalen Entwicklungen als auch die Voraussetzungen in den Partnerländern im Detail zu kennen, um fundierte Empfehlungen geben zu können. Er war von der Bedeutung eines funktionierenden Normenwesens für die Partnerländer überzeugt und maß seinen persönlichen Erfolg daran, konkrete Wirkungen zu dessen Umsetzung zu erzielen. Dabei besaß er den Mut, sich eher aus einem Projekt zurückzuziehen, als eine wirkungslose Arbeit zu verrichten.
Gemeinsam mit einer kleinen Gruppe von internen und externen Mitarbeitenden der PTB trug Alex über die Jahre dazu bei, das internationale Ansehen der PTB als kompetenter Partner zur Förderung der Qualitätsinfrastruktur in der Entwicklungszusammenarbeit auszubauen. Er entwickelte dabei intensive Kontakte mit den wichtigen nationalen und internationalen Organisationen und arbeitete in verschiedenen Projekten neben der PTB auch mit Organisationen wie dem Deutschen Institut für Normung (DIN), der International Organization for Standardization (ISO) und der Europäischen Union. Die Kolleginnen dieser Organisation erinnern sich gerne an seine didaktischen Fähigkeiten, mit denen er komplexe technischen Zusammenhänge gerade Menschen mit ganz unterschiedlichen kulturellen Hintergründen näherbringen konnte.
Menschlich war Alex aufgrund seiner transparenten, offenen und kollegialen Art sehr geschätzt. Er interessierte sich für die Personen, mit denen er zusammenarbeitete. Dies machte die Zusammenarbeit mit ihm sehr angenehm und gab ihm die Fähigkeit, in seiner Arbeit auf unterschiedliche Sichtweisen und Bedürfnisse einzugehen. Als Selbstständiger hat Alex verschiedene Formen der Zusammenarbeit ausprobiert.
Wir werden Alex Inklaar menschlich und fachlich sehr vermissen. Sein Tod ist ein großer Verlust für die Kollegen und Kooperationspartner in der internationalen Zusammenarbeit. Wir werden auf seinen Beiträgen aufbauen und die Arbeit in seinem Sinne fortsetzen.