Im Projekt ARTICAL II haben Akteure des kolumbianischen Qualitätssystems SICAL, des öffentlichen Sektors und von Industrieunternehmen erstmals an der Stärkung von Qualitätsdienstleistungen für die Kreislaufwirtschaft gearbeitet. Mit einer Studienreise nach Deutschland, bei der die Partner auch in der PTB zu Gast waren, wurde das Projekt im März 2024 erfolgreich abgeschlossen.
Aufgrund der Corona -Pandemie musste umgeplant werden: zu Beginn des Projekts in 2020 wurde ein hybrides Tour-Konzept Circularidad con Calidad entwickelt, bestehend aus drei virtuellen Veranstaltungen zu den Themen Normung, Akkreditierung und Metrologie für die Kreislaufwirtschaft und einem Besuch des Recyclingunternehmens LITO S.A.S. in Bogotá. Ein gelungener Abschluss der Reihe und gleichzeitig des gesamten Projekts war die Reise vom 17. – 22. März 2024 nach Deutschland. Hierbei ging es für Partnerinnen und Partner aus Kolumbien vor allem darum, gute Praktiken aus anderen Ländern für die Entwicklung und Umsetzung von Qualitätsdienstleistungen für die Kreislaufwirtschaft kennenzulernen und neue Impulse für die weitere Implementierung in Kolumbien mitzunehmen. Ein weiteres Ziel der Studienreise war Erfahrungen auszutauschen und sich untereinander besser zu vernetzen.
Die 23 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus allen wichtigen SICAL-Partnerinstitutionen, Ministerien und der Industrie waren mit Begeisterung bei der Sache. Nach einem Einführungs- und Kennlern-Workshop sowie einem Stadtrundgang in Braunschweig am Sonntag, fanden in den ersten zwei Tagen neben Besuchen einiger Laboratorien der PTB auch Vorträge der PTB-Innovationscluster Energie sowie Umwelt und Klima statt. Ein weiterer Programmpunkt war der Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen des Referates Lateinamerika- und Karibik der Internationalen Zusammenarbeit der PTB.
In einer Gesprächsrunde mit der TU Braunschweig, Bereich Arbeits-, Organisations- und Sozialpsychologie, wurde diskutiert, wie Kreislaufwirtschaft menschengerecht gestaltet werden kann.
Der Besuch beim Kalibrierdienstleister Perschmann Calibration zeigte eindrucksvoll, wie durch die Optimierung von Prozessen die Effektivität erhöht und über 2000 Kalibrierungen täglich umgesetzt werden können.
Von Braunschweig ging es weiter in Richtung Bochum, wo am dritten Tag verschiedene Standorte von Remondis besichtigt werden konnten, dem größten Unternehmen Deutschlands im Bereich Recycling und Aufbereitung von Materialien wie Papier, Holz, Bauschutt, Stahl, Kunststoff, Edelmetall oder organische Abfälle. In der größten Kunststoffsortieranlage Europas, in Betrieb seit 2023, werden optische Messverfahren mit künstlicher Intelligenz eingesetzt, um die Kunststoffabfälle bedarfsgerecht zu sortieren.
Am vierten und fünften Tag ging es nach Berlin: hier stand die Innovation im Fokus. Die Gruppe lernte das Cradle-to Cradle-Konzept (C2C) kennen, welches einen idealen Produktionsprozess nach Prinzipien der Kreislaufwirtschaft verfolgt und bei dem Materialien ohne Qualitätsverlust wiederverwendet werden können. Auf dem Gelände des ehemaligen Lampenproduzenten Osram in Berlin Spandau entsteht das Luxwerk, ein innovativer Business-Campus. Hier werden Ansätze der Kreislaufwirtschaft von der Planung an berücksichtigt (Architektur, Design) und durch die Verwendung von z.B. recycelbaren Produkten oder nachwachsenden Rohstoffen umgesetzt.
Mehr zur Theorie des Ansatzes erfuhr die Gruppe in einem partizipativen Workshop bei der C2C NGO. Am Standort der NGO, einem sanierten Plattenbau in Berlin-Friedrichshain, sind die Veranstaltungsräume nach dem zertifizierbaren C2C-Ansatz rekonstruiert worden.
Ein weiteres Highlight war der Besuch des Deutschen Instituts für Normung DIN, wo es einen intensiven Austausch zur Rolle und Bedeutung der Normung für nachhaltige Entwicklung und Kreislaufwirtschaft und zur nationalen Normungsroadmap Deutschlands gab.
Abschließend wurde die Delegation in der kolumbianischen Botschaft in Berlin von der Botschafterin Yadir Salazar-Mejía empfangen, die sich über die Ergebnisse der Studienreise und die Zusammenarbeit der PTB mit den Partnerinstitutionen in Kolumbien informierte.
Für alle Gäste und das PTB-Team war es eine intensive, erfolgreiche Woche mit vielen Gesprächen, Informationen und Impulsen rund um das Thema Kreislaufwirtschaft. Dank des großen Interesses aller Teilnehmenden war die Stimmung hervorragend. Besonders geschätzt wurden die Demonstration von Praxis-Anwendungen der Kreislaufwirtschaft in Kombination mit theoretischen Ansätzen, die Interaktion zwischen allen Beteiligten und die Organisation der Reise.
Insgesamt ist es während der zweijährigen Studienreise gelungen, den Austausch zwischen SICAL-Institutionen und der Industrie in Kolumbien zu fördern, ein besseres Verständnis seitens der Industrie für die Bedeutung geeigneter Qualitätsdienstleistungen zu erreichen und umgekehrt einen Beitrag zu einem besseren Verständnis der Bedarfe der Wirtschaft für die Implementierung von Kreislaufwirtschaftsansätzen zu leisten.
So bildet die Studienreise eine gute Basis für das Folgeprojekt ARTICAL III, in dem die Aktivitäten zur Stärkung von SICAL für die Kreislaufwirtschaft fortgesetzt werden
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