Am 28. September fand im Rahmen der viertägigen International Renewable Energy Agency (IRENA) Innovation Week in Bonn ein Symposium über die Notwendigkeit einer Qualitätsinfrastruktur (QI) für die grüne Wasserstoffwirtschaft statt. Auf Einladung von IRENA kamen etwa 50 Vertreterinnen und Vertreter internationaler Institutionen, Interessenvertretungen, Beratungsfirmen sowie weiterer Akteure aus dem Umfeld der Energieversorgung und der QI zusammen. Im Zentrum des Symposiums stand die Vorstellung der von IRENA in enger Abstimmung mit der PTB entwickelten QI-Roadmap für grünen Wasserstoff, die damit erstmalig der Fachöffentlichkeit präsentiert wurde. Ziel war insbesondere der Dialog mit den interessierten Kreisen, um deren Rückmeldung und Kommentare zu erhalten.
Die Roadmap soll Orientierung für Entscheidungsträgerinnen und -träger in Politik, Energiewirtschaft und QI geben, die bestrebt sind, die grüne Wasserstoffwirtschaft in einem Land aufzubauen, unter angemessener Berücksichtigung der Anforderungen an die nationale QI. Die QI beinhaltet Elemente, wie die Normung, technische Regulierung, Zertifizierung, Inspektion, Akkreditierung oder auch das Mess- und Prüfwesen. Sie sind z.B. für Aspekte der Effizienz, Sicherheit und Interoperabilität, allesamt von grundlegender Bedeutung, um das Vertrauen in die neue Technologie und den internationalen Handel mit diesem wichtigen Energieträger zu schaffen. Vertieft betrachtet und überprüft wird die vorgestellte allgemeine Roadmap am Fallbeispiel Tunesiens als ein Entwicklungsland, mit großem Potenzial und Ambitionen für die Produktion von grünem Wasserstoff.
Das Symposium wurde von IRENA zusammen mit der PTB, ISO und IEC im Kontext der BMZ-finanzierten Studie „QI for Green Hydrogen: technical standards and quality control for the production and trade of renewable hydrogen“ organisiert. Die Internationale Zusammenarbeit der PTB unterstützt im Auftrag des BMZ den Auf- und Ausbau von QI in Entwicklungs- und Schwellenländern und plant aktuell Projekte in mehreren Ländern zum Thema QI für grünen Wasserstoff.
Vorsicht: Explosiv!
Für die PTB hielten Dr. Bo Shu und Dr. Martin Thedens Fachvorträge, jeweils zu den Themen Metrologie und Explosionsschutz im Kontext des grünen Wasserstoffs. Die Vorträge gaben einen guten Einblick in wichtige QI-Dienstleistungen für den Sektor.
Die Pläne für eine grüne Wasserstoffwirtschaft entwickeln sich äußerst dynamisch und sowohl auf Seiten der Privatwirtschaft als auch bei staatlichen Institutionen herrscht ein großes Interesse an der Nutzung dieser neuen Technologie. Weltweit erarbeiten Regierungen derzeit nationale Wasserstoffstrategien, oft begleitet von umfangreichen staatlichen Förderprogrammen. Auch in Deutschland ist dies der Fall, wo das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) die Federführung innehat. Die Bedeutung der QI für eine sichere und international kompatible Entwicklung des grünen Wasserstoffsektors ist bisher aber noch kaum beachtet worden und benötigt weltweit mehr Aufmerksamkeit. Wasserstoff ist ein hochexplosives Gas, das nur unter hohem Druck und sehr niedrigen Temperaturen verflüssig werden kann. Hier besteht bei nicht ordnungsgemäßem Umgang ein hohes Gefahrenpotenzial für die Gesundheit und das Leben.
Grüner Wasserstoff und von ihm abgeleitete Produkte, sogenannt Derivate, sind gleichzeitig Energieträger, die in Zukunft zu klassischen Commodities, also weltweit gehandelten Rohstoffen, werden sollen. Daher sind Verfahren zur Bestimmung von Qualität und die Zertifizierung der Herkunft aus erneuerbaren Energiequellen – denn nur dann handelt es sich um wirklich grünen Wasserstoff – unbedingt international harmonisiert zu denken und nicht als nationale Insellösungen. Hier liefert die QI, mit ihrer in sich selbst innewohnenden internationalen Ausrichtung, passende Instrumente und hilft dabei, die Effizienz und das Zusammenspiel unterschiedlicher Komponenten in den globalen Produktions- und Handelsketten zu garantieren.
Außerdem wird beim Ausbau der grünen H2-Produktion der Verfügbarkeit von Wasser als wesentlicher Ressource noch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Für die Herstellung eines Kilo Wasserstoffs benötigt man zum Beispiel ungefähr 15 bis 25 Liter Wasser. Daher sind auch das Wassermanagement und Angebote der QI in dem Bereich von großer Bedeutung, um sorgsam mit dieser Ressource umzugehen, die in vielen Ländern des globalen Südens besonders knapp und wertvoll ist. Das Angebot der QI geht hier von präzisen Verbrauchsmessungen über Normen zu internationalen guten Praktiken bis hin zu akkreditierten Prüflaboratorien für die Analyse des oft aus der Meerwasserentsalzung stammenden Wassers.
Danke Iris!
Das Symposium markierte gleichzeitig die formale Übergabe der inhaltlichen Betreuung
des Themas grüner Wasserstoff in der Gruppe der Internationalen Zusammenarbeit der PTB (9.3) von Iris Nadolny an Carl Felix Wolff. An dieser Stelle sei Iris Nadolny ausdrücklich für die hervorragende Arbeit und die gute Übergabe gedankt.
Unterdessen werden IRENA und PTB das gemeinsame Studienprojekt fortführen, unter Aufnahme des Feedbacks aus der Veranstaltung, der Fallstudie in Tunesien und unter Konsultation weiterer, wichtiger Akteure.
Bilder © PTB